Nachruf Hermann Philipsenburg

Im wörtlichen Sinn hat nach 93 Jahren ein Ruderherz aufgehört zu schlagen. 

Mehr noch: ein bis zum letzten Herzschlag wacher und wackerer Geist mit seiner klaren und kritischen Stimme lebt nur noch in der Erinnerung derer, die ihn kannten.  

Hermann Philipsenburg hatte eine erfolgreiche, wenn auch kurze sportliche Karriere in der Ruderriege des ETUF. Immer wieder hat er in packender Diktion berichtet, wie er gerade aus der Gefangenschaft 1948 von Trainer Gustav Gehrmann bei einem Hausbesuch zum Training verpflichtet wurde (Morgen 17 h am Steg!), auch darüber, wie er ein Jahr später mit seinem Vierer von Sieg zu Sieg eilte, z.B. im großen Kaiserachter auf der Wedau.  

Nach kurzer beruflich bedingter Unterbrechung wechselt Hermann Philipsenburg die Seiten: als technischer Leiter der Hügelregatta.  Hier sorgt er auch dafür, dass diese Regatta nicht nur ein internationales sportliches Ereignis war, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht ein Magnet für Vereine und Zuschauer. Mit guten Argumenten gegenüber der Stadt trägt er wesentlich dazu bei, dass es heute den markanten Zielturm, die Tribüne und das Regattahaus gibt – ein Ensemble, das Kernstück auch der künftig geplanten   Modernisierung ist. Über 16 Jahre führte er die Interessengemeinschaft Baldeneysee, die seitdem dafür sorgt, dass die Stimme des Essener Wassersports gegenüber Politik und Verwaltung gehört wird.  Er war bis 1974 Vorsitzender des NW RV.  Seitdem ist er Ehrenvorsitzender des Landesverbandes.  

Seit Netzwerk in der Ruderwelt war immer eng geknüpft. Als Mitglieder des ETUF und des Duisburger RV zählte er zu den Stammgästen mit einem Ehrenplatz auf den Duisburger Wedau-Regatten und –Meisterschaften. In den letzten Jahren ersetzte er seine Regatta- und Clubhausbesuche durch regen Telefonkontakt zu alten und neuen Ruderfreunden, außer Essen u.a. in Duisburg, Hürth, Hamburg, Hanau, Berlin.  Sein kritisches Auge widmete er zusammen mit dem ERRV-Ehrenvorsitzenden allen Fragen der Regatten und  des Leistungssports in Essen.  

Immer wieder angetan war er von den Festschriften der Rudervereine, die er in stattlicher Zahl sammelte, kritisch bewertete und nutzte („Erinnerungen sind Erkenntnisse“). Der Essener Ruder-Regattaverein hat seiner unermüdlichen Mitwirkung die Festschrift zur 100. Hügelregatta zu verdanken.

Noch im letzten Jahr glänzte Hermann Philipsenburg vor den Mitgliedern der Ruderriege ETUF: dankbar und detailgenau erinnerte er daran, was er rund um den Baldeneysee erlebt und was ihn geprägt hat. Mahnend sorgte er sich, dass sich der Rudersport künftig auch in einer veränderten Sportwelt behauptet. 

Bei allem Engagement für Verein und Verband: sein Anker war seine Familie. Unsere Anteilnahme verbinden wir mit der Gewissheit, dass das Ruderherz Hermann Philipsenburg im Essener Rudersport nicht aufhören wird, weiter zu schlagen.

Eberhard Wühle